Autor der Bestseller »Weniger Steuern & mehr Vermögen« und »GmbH gründen«
Einlagen wie Guthaben auf Giro- oder Tagesgeldkonten sind durch die Einlagensicherung geschützt, zumindest in gewissem Umfang (näheres dazu findest du in meinem Artikel »Wie sicher ist dein Geld«).
Bei Wertpapieren greifen die Einlagensicherungssysteme jedoch nicht.
In diesem Artikel erfährst du, wie sicher deine Wertpapiere sind.
Dabei soll es nicht um die Werthaltigkeit oder Wahrscheinlichkeit von Wertverlusten gehen. Natürlich hat jedes Wertpapier und jedes Finanzprodukt gewisse Anlagerisiken.
Stattdessen betrachte ich, wie sicher dein Zugriff auf deine Wertpapiere ist. Wie sicher ist es, dass du deine Wertpapiere zurückerhältst und verkaufen kannst.
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Inhaltsverzeichnis
Wie Wertpapiere verwaltet werden
Einlagen und Wertpapiere unterscheiden sich in einem wichtigen Punkt: Während das Geld auf dem Konto nur eine Forderung an die Bank ist, gehören Wertpapiere weiterhin dir.
Der Depotanbieter verwaltet die Wertpapiere nur treuhänderisch für dich. Aktien, Fonds und ETFs zählen zum Sondervermögen und sind vom Vermögen des Depotanbieters getrennt.
Bei Insolvenz des Depotanbieters fallen deine Wertpapiere nicht in die Insolvenzmasse, sondern müssen an dich herausgegeben und an ein anderes Institut übertragen werden. Diesen Herausgabeanspruch musst du schriftlich beim Insolvenzverwalter anmelden.
Bis hierhin klingt alles ganz wunderbar: Da die Wertpapiere dir gehören und vom Depotanbieter nur treuhänderisch verwaltet werden, sind deine Wertpapiere bei einer Insolvenz des Depotanbieters in unbegrenzter Höhe geschützt.
Was passiert, wenn die Treuhand versagt
Jetzt kommt das große Aber: Falls dein Depotanbieter die Wertpapiere pflichtwidrig nicht herausgeben kann, ist dein Entschädigungsanspruch auf höchstens 90% und maximal 20.000 € begrenzt!
Geregelt ist das im Anlegerentschädigungsgesetz (AnlEntG). Hier die entscheidenden Passagen aus AnlEntG §4: „Der Entschädigungsanspruch ist der Höhe nach begrenzt auf 90 Prozent der Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften und den Gegenwert von 20 000 €.“
Auch gut zu wissen: „Ein Entschädigungsanspruch besteht nicht, soweit Gelder nicht auf die Währung eines EU-Mitgliedstaates oder auf Euro lauten.“ Wertpapiere und Finanzprodukte in US-Dollar sind somit nicht durch die Anlegerentschädigung geschützt.
Die entscheidende Frage ist: Wenn Wertpapiere nur treuhänderisch verwaltet werden und als Sondervermögen vom Vermögen des Depotanbieters getrennt sind, wie kann es dazu kommen, dass die Wertpapiere doch nicht herausgegeben werden können?
Betrug: Der Depotanbieter hat nur vorgegeben, deine Kauf-Order ausgeführt zu haben.
Als größter Anlagebetrug der Geschichte gilt das Ponzi-System von Bernie Madoff mit einem Schaden von mindestens 50 Milliarden Dollar und fast 5.000 Geschädigten weltweit. Madoff hat mit dem eingesammelten Geld nie Aktien gekauft, sondern immer nur die früheren Anleger ausbezahlt. Doch weil niemand derart verlässlich so hohe Renditen „erzielte“ wie Madoff, wollte lange kaum jemand sein Geld zurück. Bis zur Finanzkrise 2008.
Hier mein Credo: Wenn etwas zu schön klingt, um wahr zu sein, dann ist es mit gewisser Wahrscheinlichkeit auch genau das: zu schön, um wahr zu sein.
Cyber-Attacken sind vermutlich die größte Bedrohung für Banken, Depotanbieter und Finanzinstitute.
Wie genau eine Cyber-Attacke dafür sorgen könnte, dass deine Wertpapiere weg sind und nicht mehr wiederbeschafft werden können, kann ich nicht sagen.
Ich vermute, dass dafür erfolgreiche Kauf- und Verkauf-Orders über die zentrale Clearingstelle getätigt werden müssten.
Wie die Anlegerentschädigung funktioniert
Bei Banken und Kreditinstituten sind für die Anlegerentschädigung die gleichen Einrichtungen zuständig, wie auch für die Einlagensicherung:
- der Bundesverband deutscher Banken (BdB),
- der Bundesverband öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB)
- und zusätzlich noch die Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen (EdW).
Laut meiner Recherche gab es bei weder beim BdB noch beim VÖB bislang Entschädigungsfälle.
Bei der EdW hingegen gab es seit 1998 immerhin 22 Entschädigungsfälle. Davon der größte Entschädigungsfall war das Schneeballsystem Phoenix Kapitaldienst. Von einem Gesamtschaden von etwa 600 Millionen Euro haben rund 30.000 Geschädigte 261 Millionen Euro Entschädigung von der EdW erhalten. Diese Entschädigung hat sich lange hingezogen und hat die EdW an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit gebracht.
Daran zeigt sich, dass die gesetzliche Anlegerentschädigung verhältnismäßig schwach aufgestellt ist. Mit maximal 20.000 € ist der Entschädigungsanspruch schon sehr gering. Selbst dieser geringe Anspruch kann durch die Zergliederung der Anlegerentschädigung die zuständigen Einrichtungen schnell überfordern.
Welche darüber hinausgehenden Ansprüche es noch gibt
Neben der gesetzlichen Anlegerentschädigung hast du natürlich auch einen Anspruch gegenüber dem Depotanbieter oder der Bank.
Wenn jedoch deine Wertpapiere nicht herausgegeben werden können, steht zu vermuten, dass du kein Einzelfall bist. Dann ist der Schaden schnell ein Vielfaches größer als das vorhandene Eigenkapital und dein Haftungsanspruch kann nicht oder nur zu einem Bruchteil bedient werden.
Einige Depotanbieter haben zur zusätzlichen Absicherung eine Einlagensicherung abgeschlossen:
- So sind bei FxFlat über eine Zusatzpolice Positionen bis zu 1 Million Euro abgesichert.
- Bei Interactive Brokers sind per Versicherung bis zu 500.000 USD geschützt und darüber hinaus noch eine Absicherung bis maximal 30 Millionen Euro, aber nur bis zu einem Gesamtschaden von 150 Millionen Euro.
- Captrader, Banx und Lynx nutzen die Plattform von Interactive Brokers – Kunden dieser Broker werden eigentlich Kunden von Interactive Brokers und sind somit im gleichen Umfang abgesichert. Bei Captrader gibt es eine schöne Übersicht der Haftungsreihenfolge bei Interactive Brokers.
Eine sehr weitgehende Absicherung bieten die Sparkassen. Wie auch bei Einlagen und Bankguthaben sind bei den Sparkassen auch Wertpapiere und Finanzprodukte durch das Sicherungssystem der Sparkassen-Finanzgruppe geschützt.
Als Haftungsverbund stehen alle Sparkassen, Landesbanken und Landesbausparkassen für die Haftungsansprüche jedes einzelnen Instituts ein.
Das bedeutet: Falls eine Sparkasse dein Wertpapier nicht herausgeben kann, wirst du nur dann nicht vollumfänglich entschädigt, wenn alle Sparkassen vorher pleitegehen.
Wie das Verrechnungskonto geschützt ist
Bislang habe ich insbesondere Wertpapiere und Finanzprodukte im Depot betrachtet. Was ist aber mit deinem Guthaben auf dem Verrechnungskonto?
Dazu komme ich jetzt.
Beim Verrechnungskonto kommt es darauf an, wo du dein Depot hast.
Handelt es sich um eine Bank, wird das Verrechnungskonto meist wie ein Einlagenkonto behandelt. In diesem Fall ist das Verrechnungskonto im Rahmen der Einlagensicherung bis 100.000 € geschützt.
Hast du dein Depot bei einem reinen Wertpapierhandelsinstitut oder Broker, ist das Verrechnungskonto in der Regel nicht über die Einlagensicherung geschützt, sondern nur über die Anlegerentschädigung bis 20.000 €.
Die Broker unterliegen dafür aber strengeren Vorschriften als Banken, wie die Kundengelder investiert werden dürfen.
Hier eine Aussage von Captrader zur Investmentpolitik von Interactive Brokers: IB investiert Kundengelder ausschließlich in Staatsanleihen und Repos (Geldmarkt Instrument), Cash Bankguthaben bei Großbanken und A‑rated Money Market Funds (in welche IB weniger als 2% der Kundengelder investiert).
Wie das Emittentenrisiko zu bewerten ist
Bislang habe ich aufgezeigt, was bei einer Insolvenz deines Depotanbieters passiert. Der Depotanbieter ist aber nur das letzte Glied in der Transaktionskette.
Was ist denn, wenn der Fondsanbieter oder Herausgeber der Finanzprodukte insolvent wird?
Hierbei wird auch vom Emittentenrisiko gesprochen (emittere ist Latein und heißt so viel wie ‚herausgeben‘): Ein Emittent gibt Wertpapiere aus, zum Beispiel Aktien, Anleihen, Optionsscheine oder andere Finanzprodukte.
Im Folgenden betrachte ich für verschiedene Anlageklassen, wer der Herausgeber bzw. Emittent ist und was bei dessen Pleite geschieht.
Emittentenrisiko bei Aktien:
Mit dem Kauf einer Aktie erwirbst du einen Anteil am Eigenkapital des Unternehmens. Entsprechend ist das Unternehmen der Herausgeber.
Eigenkapital ist, was vom Vermögen nach Abzug aller Verbindlichkeiten (Schulden) übrig bleibt.
Die Insolvenz resultiert meist aus einer Überschuldung des Unternehmens, das heißt, die Schulden sind größer als das Vermögen. Dann ist das Eigenkapital negativ.
Demzufolge sind bei einer Insolvenz die Anteile nahezu wertlos – erst wenn alle Gläubiger (also das Fremdkapital) bedient wurden, wird die verbleibende Vermögensmasse unter den Aktionären verteilt.
Bei allen anderen Beteiligten in der Wertschöpfungskette gehören die Aktien zum Sondervermögen und somit bei deren Insolvenz geschützt.
Emittentenrisiko bei Anleihen:
Mit einer Anleihe beteiligst du dich am Fremdkapital und nicht am Eigenkapital: Du gibst dem Herausgeber der Anleihe ein Darlehen, sei es einem Staat oder einem Unternehmen.
Da das Fremdkapital vor dem Eigenkapital bedient wird, ist bei einer Insolvenz des Herausgebers die Wahrscheinlichkeit eines Totalverlustes geringer als wenn du Aktionär wärst.
Entscheidend dabei ist, welchen Rang du als Gläubiger hast, also in welcher Reihenfolge dein Anspruch bedient wird. Bei einer Nachranganleihe wirst du nachrangig bedient – nach allen anderen Gläubigern, aber noch vor den Aktionären.
Emittentenrisiko bei Derivaten:
Derivate sind komplexe Finanzprodukte, deren Wert sich von der Wertentwicklung eines zugrundeliegenden Basiswerts ableitet (daher auch der Name).
Dazu gehören u.a. Optionen, Futures (Termingeschäfte) und CFDs (Contracts for Difference oder Differenzkontrakte)
Herausgeber von Derivaten sind in der Regel Banken. Wenn du Derivate kaufst, gehst du mit der herausgebenden Bank ein Geschäft ein. Wird dein Geschäftspartner insolvent, reihst du dich in die Riege der Gläubiger ein.
Emittentenrisiko bei ETFs:
ETF steht für Exchange Traded Funds oder börsengehandelter Indexfonds. Das bedeutet, dass ein ETF einen Wertpapierkorb abbildet, etwa einen Korb Aktien bei einem Aktien-ETF oder einen Korb Anleihen bei einem Anleihe-ETF.
Der Herausgeber eines ETFs ist der ETF-Anbieter, eine Fondsgesellschaft. Zu den größten ETF-Anbietern für den deutschen Markt gehören:
- iShares als eine Marke von BlackRock,
- Vanguard Group,
- Xtrackers als eine Marke der DWS Group, die wiederum zur Deutschen Bank gehört,
- Amundi
- Lyxor gehört seit Anfang 2022 zu Amundi
Die ETF-Anbieter bilden den Wertpapierkorb ab, indem sie die entsprechenden Wertpapiere kaufen (Details zur Indexabbildung findest du in diesem wunderbaren Artikel von extraETF).
Damit nehmen die Anbieter uns die Arbeit ab, diesen Wertpapierkorb selbst in unserem Depot abzubilden.
Daraus erschließt sich leicht, dass ETFs beim Fondsanbieter zum Sondervermögen zählen. Der Anbieter muss die zur Abbildung des Index gekauften Wertpapiere getrennt vom eigenen Vermögen verwahren.
Bei einer Pleite von BlackRock gehört dein iShares ETF weiterhin dir. Was dieser wert ist, wenn BlackRock als weltgrößter Vermögensverwalter pleite ist, steht auf einem anderen Blatt.
Fazit und Handlungsempfehlungen
Als Sondervermögen sind deine Depotwerte getrennt vom Vermögen des Depotanbieters und somit vor dessen Insolvenz geschützt, in unbegrenzter Höhe.
Bei einer Bankinsolvenz sind somit deine Wertpapiere besser geschützt als dein Bankguthaben.
Es sei denn, die Bank oder der Depotanbieter hat deine Wertpapiere nicht mehr. In diesem Fall ist die gesetzliche Anlegerentschädigung mickrig und es primär auf die zusätzliche Absicherung des Depotanbieters durch Versicherungen oder andere Schutzmechanismen an.
Ich empfehle dir daher:
1. Überprüfe, wie sehr du deinem Depotanbieter vertrauen kannst.
Einfacher gesagt, als getan.
Eine BaFin-Lizenz ist auch nur in Signal von vielen. Wirecard hatte eine Vollbanklizenz der BaFin.
Bernie Madoff hatte auch eine Lizenz der SEC (United States Securities and Exchange Commission), dem amerikanischen Pendant zur BaFin, wenn auch nur als Investment Advisor und nicht als Broker.
2. Prüfe den zusätzlichen Anlegerschutz des Depotanbieters
Der gesetzliche Anlegerschutz reicht nicht aus. Prüfe daher unbedingt, in welchem Umfang der Depotanbieter für zusätzliche Absicherung sorgt.
3. Lege nicht alle Eier in einen Korb
Sich nicht von einer einzigen Partei abhängig zu machen, halte ich vielen Lebenslagen für einen guten Leitsatz.
Je mehr Vermögen du hast, auch desto mehr Körbe solltest du es verteilen. Keines deiner Depots sollte im Wert größer sein, als durch den zusätzlichen Anlegerschutz des Depotanbieters abgesichert ist.
4. Nutze die Vorteile verschiedener Depots
Oft geht ein höher Anlegerschutz aber auch mit höheren Gebühren einher.
Du könntest dann deine Depots nach der Investmentstrategie aufteilen.
Buy and hold kannst du im teureren und sicheren Depot machen, denn da fallen die Ordergebühren nicht so ins Gewicht.
Bei Trading und Sparpläne achtest du hingegen stärker auf die Gebühren.
Du könntest auch die Orders in einem Depot machen und die Wertpapiere dann in ein sicheres Depot übertragen. Mehr dazu findest du in meinem Artikel »Wie du mit einem Zweitdepot Steuern sparen kannst«.
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