Wenn du Aktien und Fondsanteile verkaufst, werden die realisierten Kursgewinne besteuert. Hast du nicht alle Aktien eines Titels (oder Anteile eines Fonds) zum gleichen Kurs gekauft, dann unterscheiden sich diese Aktien (oder Anteile) in der Höhe ihrer inhärenten Kursgewinne.
In diesem Artikel erfährst du, wie du mithilfe eines Zweitdepots steuerst, welche Aktien oder Anteile du verkaufst und wie du so die Besteuerung minimierst. Dem Lesefluss zuliebe werde ich nur von Aktien schreiben, das beschriebene Prinzip gilt für Aktien und Fondsanteile gleichermaßen.
Inhaltsverzeichnis
Wie du mit einem Zweitdepot Verkäufe steuerst
Bei einem Verkauf von Aktien und Fondsanteilen gilt das FIFO-Prinzip (First In – First Out): Wenn du von einem Aktientitel oder einem Fonds nicht alle Aktien oder Anteile auf einmal verkaufst, sondern nur einen Teil deines Bestands, dann werden automatisch in der zeitlichen Reihenfolge ihres Kaufs verkauft.
Steuerlich wäre jedoch ein LIFO-Verkauf (Last In – First Out) meist deutlich besser: Sind die Kurse gestiegen, verzeichnen die zuletzt gekauften Aktien die geringeren Kursgewinne und lösen damit beim Verkauf eine geringere Besteuerung aus.
Wie können wir das automatische FIFO-Prinzip zu LIFO drehen? Mit einem zweiten Depot! Wir machen uns zunutze, dass FIFO nicht nur bei einem Verkauf angewandt wird, sondern auch bei einer Depotübertragung. Wenn du genau so viele Aktien, wie du behalten willst, an ein zweites Depot überträgst, bleiben im ersten Depot nur die zuletzt gekauften übrig – und zwar genau so viele, wie du verkaufen willst.
Am besten ist, wenn du folgendermaßen vorgehst:
- Als Erstes überträgst du von deinem Hauptdepot so viele Aktien eines Titels an das Zweitdepot, wie du behalten willst. Übertragen werden die ältesten Aktien mit den höchsten Kursgewinnen. Im Hauptdepot verbleiben nach Übertragung genau so viele, wie du verkaufen willst.
- Dann verkaufst du die im Hauptdepot verbliebenen Aktien. Das sind die zuletzt gekauften Aktien mit den niedrigsten Kursgewinnen.
- Abschließend kannst du die nicht verkauften Aktien aus dem Zweitdepot an das Hauptdepot zurück übertragen.
Dabei kommen uns zwei Aspekte zugute:
Zum einen ist eine Übertragung von Positionen von einem Depot zum anderen in der Regel kostenlos – zumindest wenn beide Depots auf denselben Namen laufen. Bei Übertragungen zwischen deutschen Banken ist es sogar gesetzlich vorgeschrieben, dass diese kostenlos zu erfolgen haben.
Zum anderen werden bei der Depotübertragung die Anschaffungsdaten (Kaufdatum und Kaufpreis) mit übermittelt. Auch dies ist bei Übertragungen zwischen deutschen Banken gesetzlich vorgeschrieben. Ohne Übermittlung der Anschaffungsdaten wäre das Zweitdepot wertlos.
Wann der Steuereffekt am größten ist
Das Zweitdepot hilft, bei einem Aktienverkauf FIFO zu LIFO zu drehen und somit die zuletzt gekauften Aktien zu verkaufen, die mutmaßlich geringere Kursgewinne aufweisen als die früher gekauften. Auf die Besteuerung der Dividenden hat das Zweitdepot keinen Einfluss.
Mit einem Zweitdepot sparst du jedoch keine Steuern, du stundest sie nur. Sobald du die restlichen, zuerst gekauften Aktien verkaufst, musst du auf die höheren Kursgewinne Steuern zahlen. In der Zwischenzeit bedeuten die gestundeten Steuern eine höhere Liquidität für dein Depot: Du hast mehr Kapital zum Investieren.
Du kannst den Steuereffekt folgendermaßen berechnen:
Steuerstundung = Anzahl Aktien × Steuersatz × (Einstiegskurs LIFO − Einstiegskurs FIFO)
Der Steuereffekt durch das Zweitdepot nimmt zu,
- je mehr Aktien du verkaufen willst;
- je höher der Steuersatz auf die Veräußerungsgewinne: denn je höher die Steuerlast, desto mehr lohnen sich Abwehrmaßnahmen;
- je größer die Kursdifferenz zwischen den zuerst und zuletzt gekauften Aktien und somit je größer der Unterschied der Veräußerungsgewinne zwischen FIFO und LIFO (Ist der Kursgewinn der zuletzt gekauften Aktie halb so hoch wie der Kursgewinn der zuerst gekauften Aktie, zahlst du durch LIFO nur die Hälfte der Steuern, die du bei FIFO hättest zahlen müssen);
- je länger du vorhast, die verbliebenen Aktien zu halten, denn desto länger können die gestundeten Steuern für dich arbeiten und Rendite erwirtschaften.
Schauen wir uns die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen an:
Aktien im Privatdepot | Aktienfonds & ETFs im Privatdepot | Aktien im GmbH-Depot | Aktienfonds & ETFs im GmbH-Depot | |
---|---|---|---|---|
Steuersatz auf Veräußerungsgewinne | 26,375 % | 18,5 % | 1,5 % | 11,5 % |
Die Gegenüberstellung der Steuersätze zeigt deutlich, dass die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen im GmbH-Depot niedriger ist als im Privatdepot: rund 25 Prozentpunkte niedriger bei Einzelaktien und 7 Prozentpunkte niedriger bei Aktienfonds & ETFs.
Das bedeutet im Umkehrschluss, dass sich die Nutzung eines Zweitdepots im Privatvermögen stärker lohnt als in der GmbH. Mit einem Zweitdepot könntest du die höhere Besteuerung im Privatvermögen etwas abmildern, zumindest kurzfristig. Die Konsequenz aus der höheren Besteuerung von Veräußerungsgewinnen sollte für dich jedoch sein, Wachstumsaktien und Wachstumsfonds künftig nur noch über ein GmbH-Depot zu kaufen. Das Zweitdepot kann dir dann bei der Umschichtung vom Privatdepot zum GmbH-Depot helfen.
Bei einem Verkauf von Einzelaktien in der GmbH ist die Besteuerung mit 1,5 Prozent an sich schon so niedrig, dass ein Zweitdepot hier den geringsten Effekt hat. Wenn du jedoch ein großes Aktienpaket verkaufst und die Kursdifferenz sehr hoch ist, kann der absolute Betrag der gestundeten Steuern dennoch hoch genug sein, dass sich die Mühe der Positionsübertragung an das Zweitdepot für dich lohnt.
Wenn du aber über die GmbH in Fonds und ETFs investierst, liegt die Steuerquote immerhin bei 11,5 Prozent, so dass ein Zweitdepot einen signifikanten Effekt haben kann. Es gibt aber noch weitere Aspekte, die die Nutzung des Zweitdepots bei ETF-Investitionen lohnenswert machen.
Warum das Zweitdepot seine Vorteile bei ETF-Investitionen ideal ausspielen kann
ETFs sind ein entscheidender Bestandteil meiner Investitionsstrategie. Jede andere Art von Investitionen, wie etwa Einzelaktien oder Immobilien, erfordert aktive Arbeit. Investitionen in ETFs sind so passiv, wie es nur geht: Bei ETFs brauche ich mich nur einmal auf eine Auswahl von ETFs festzulegen und kann dann beliebig viel Kapital hineinpumpen. Das Problem, nicht zu wissen, wohin mit dem lieben Geld, gibt es dank ETFs nicht mehr.
Das Wesen der ETFs und deren Nutzung für passive Investitionen und einen langfristigen Vermögensaufbau führt dazu, dass es sich bei ETFs für dich besonders lohnt, bei Umschichtungen mit einem Zweitdepot FIFO zu LIFO zu drehen:
- Du investierst nur in eine begrenzte Auswahl von ETFs. Jeder der ETFs bringt schon eine gewisse Diversifikation mit sich. Das führt dazu, dass du größere Positionen eines ETFs hältst, als du von einzelnen Aktien halten würdest.
- Wenn du ETF-Anteile verkaufst, dann steigst du vermutlich nicht aus dem ganzen Index aus (wobei ein Zweitdepot nicht helfen könnte), sondern verkaufst nur einen Teil der ETF-Anteile.
- Wenn du den Empfehlungen des ETF-Papstes Gerd Kommer* folgst, hast du dich einmal auf einen festen Mix von ETFs festgelegt und nimmst ein regelmäßiges Rebalancing vor, z.B. einmal pro Jahr. Rebalancing bedeutet nichts anderes, als einen Teil einzelner ETFs zu verkaufen, die durch eine gute Entwicklung übergewichtet sind, und damit untergewichtete ETFs nachzukaufen. Das schreit gerade zu nach einem Zweitdepot.
- Wenn du in ETFs investierst, kaufst du vermutlich über einen langen Zeitraum immer wieder ETF-Anteile nach, vielleicht sogar über einen Sparplan. Je länger der Zeitraum, desto höher die Kursdifferenz zwischen den zuerst und den zuletzt gekauften ETF-Anteilen (zumindest bei steigenden Kursen). Je höher die Kursdifferenz ist, desto lohnenswerter ist es, mit einem Zweitdepot FIFO zu LIFO zu drehen.
- Folgst du einer ETF-Strategie, bedeutet das auch, dass du die ETF-Anteile vermutlich noch sehr lange halten wirst. Entsprechend lange kannst du von dem Steuerstundungseffekt profitieren. In Verbindung mit dem vorigen Punkt bedeutet das, dass der Steuerstundungseffekt mit jedem Jahr größer wird. Du verkaufst immer nur die zuletzt gekauften Anteile und behältst die zuerst gekauften Anteile auf ewig in deinem Depot.
- Du nimmst ein Rebalancing nicht oft vor, meist nicht mehr als einmal pro Jahr. Daher ist der Aufwand überschaubar, einzelne ETF-Positionen in ein Zweitdepot zu verschieben.
Alle diese Faktoren sorgen dafür, dass sich ein Zweitdepot bei deinen ETF-Investitionen besonders auszahlt.
Wie groß der Steuereffekt sein kann
Am besten wir spielen wir das mal an Beispielen durch, damit besser begreifen, wie groß der Steuereffekt ist, wenn wir mit einem Zweitdepot die zuletzt gekauften Aktien (LIFO) statt der zuerst gekauften Aktien (FIFO) verkaufen.
Im folgenden Beispiel hast du die ersten Aktien eines Titels (oder ETFs) zur Hälfte des aktuellen Kurses gekauft – bei einem FIFO-Verkauf betrüge der Veräußerungsgewinn demnach 50 Prozent des aktuellen Kurses. Zuletzt hast du diesen Titel nachgekauft, als der Kurs bei 90 Prozent des aktuellen Kurses war – bei einem LIFO-Verkauf betrüge der Veräußerungsgewinn demnach 10 Prozent des aktuellen Kurses.
Aktien im Privatdepot | Aktienfonds & ETFs im Privatdepot | Aktien im GmbH-Depot | Aktienfonds & ETFs im GmbH-Depot | |
---|---|---|---|---|
Steuersatz auf Veräußerungsgewinne | 26,375 % | 18,5 % | 1,5 % | 11,5 % |
Beispiel 1 | Steuerlast in Prozent des aktuellen Verkaufskurses | |||
Kursgewinn FIFO 50 % | 13,2% | 9,3% | 0,8% | 5,8% |
Kursgewinn LIFO 10 % | 2,6% | 1,9% | 0,2% | 1,2% |
Steuerersparnis in Prozent des aktuellen Verkaufskurses | 10,5% | 7,4% | 0,6% | 4,6% |
Steuerersparnis bei Verkaufsorder von 10.000 € | 1.050 € | 740 € | 60 € | 460 € |
Die vorletzte Zeile der Tabelle zeigt, wie viel Steuern du mit einem Zweitdepot sparen (stunden) kannst in Prozent vom Verkaufswert. Klar, dass der Effekt im Privatdepot am größten ist – bei Einzelaktien sogar mehr als 10 Prozent vom Verkaufswert.
Bei Einzelaktien im GmbH-Depot musst du schon das ganz große Rad drehen, damit da wenigstens ein Restaurantbesuch bei rausspringt.
Bei ETFs im GmbH-Depot beträgt die Steuerstundung knapp 5 Prozent des Verkaufswertes. Das lohnt sich schon eher. Insbesondere mit dem Wissen, dass der Stundungseffekt bei den ETFs mit längerer Haltedauer zunimmt.
Unterdepot bei derselben Bank oder Zweitdepot bei einer anderen Bank?
Der Vorteil eines Unterdepots bei derselben Bank ist die Geschwindigkeit: Die Übertragung der Positionen sollte nach spätestens zwei Arbeitstagen abgeschlossen sein. Hast du beide Depots bei unterschiedlichen Banken, kann die Übertragung ein bis zwei Wochen dauern.
Du solltest unbedingt beachten, dass sowohl das Hauptdepot als auch das Zweitdepot auf denselben Namen laufen. Bei unterschiedlichen Eigentümern kann eine Übertragung als Verkauf eingestuft werden (z.B. bei Übertragung von privat an die GmbH) und es können Kosten bei den beteiligten Banken entstehen.
Für dein GmbH-Depot
Für dein GmbH-Depot hast du keine große Auswahl: Eine umfassende Empfehlung für das beste Geschäftsdepot findest du hier.
Für dein Privatdepot
Beim Privatdepot hast du von vornherein eine viel größere Auswahl als für das GmbH-Depot – das gilt auch für das Zweitdepot.
Neben einem kostenlosen Hauptdepot bieten folgende Anbieter zusätzlich ein kostenloses Unterdepot: Consorsbank*, S‑Broker* und Targobank.
Bei Trade Republic, Flatex*, DKB oder der OnVista Bank ist kein Zweitdepot möglich. Wenn du dein Hauptdepot bei einer dieser Banken hast, eröffnest du am besten ein Zweitdepot bei einer anderen Bank mit kostenloser Depotführung.
Diese Banken bieten Depots ohne Depotgebühren:
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